Projektbeschreibung
Nach knapp zwei Jahren neigt sich das Projekt “STADTräume” dem Ende zu. Danke an alle, die unsere Workshops und Seminare besucht haben, mit uns auf Demos waren und unsere Social-Media-Beiträge fleißig geteilt haben!
Stell dir vor es ist 2050…
Statt vom Lärm der Motoren wirst du von Vogelgezwitscher geweckt. Die vielbefahrene Straße vor deiner Haustür ist jetzt ein Park. Autos? Gar nicht mehr nötig, denn die Straßenbahn fährt alle paar Minuten, ist in der gesamten Stadt gut vernetzt und für Bedarfsgruppen kostenlos. Breite Rad- und Fußwege laden dazu ein, auch weite Strecken selbst zurückzulegen. Auf dem kleinen Marktplatz einen Block weiter ist immer was los, dort wird regionales Obst und Gemüse verkauft. Den Stand mit Falafeln riechst du schon von weitem. Auf der großen Wiese nebenan treffen sich regelmäßig eine LGBTQ+-Gruppe und ein offener Sprachkurs, am Wochenende findet hier ein Mehrgenerationen-Picknick statt. Die Sonne scheint auf die Solaranlagen und Gärten auf den Dächern. Deine Stadt bietet Raum für alle – um frei zu atmen und gut zu leben.
Zurück ins Jahr 2021
Aktuell nehmen Straßen für Pkws einen Großteil des öffentlichen Raums ein: 58% der Berliner Straßenflächen werden für Autos genutzt, nur 3% stehen Fahrradfahrer*innen zur Verfügung. Wenig Raum führt auch zu fehlender Sicherheit: So wird in Deutschland alle 36 Minuten ein*e Radfahrer*in schwer verletzt, alle 22 Stunden stirbt eine*r. Radfahrer*innen und Fußgänger*innen leiden außerdem unter Abgasen, Feinstaub und schlechter Luft. Die Feinstaubbelastung überschreitet regelmäßig Grenzwerte. Und es gibt immer weniger Raum für Grün: die Flächenversiegelung nimmt zu.
Mitten in der Klimakrise ist der Verkehr der einzige Sektor, dessen Emissionen seit 1990 sogar gestiegen sind. Und das, obwohl sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt hat, die verkehrsbedingten Treibhausgase bis 2030 um 40% zu senken. Etwa ein Fünftel des in Deutschland ausgestoßenen CO2 ist auf den Verkehr zurückzuführen.
Von Diskriminierungen betroffene Menschen tragen die Folgen
Vor allem Menschen, die von (Mehrfach-)Diskriminierungen wie Rassismus, Sexismus, Queerfeindlichkeit, Ableismus und Klassismus betroffen sind, haben mit den Folgen der aktuellen Stadtplanungs- und Mobilitätspolitik zu kämpfen. Hier ein paar Beispiele:
- Zentral gelegener Wohnraum wird knapp und Mieten steigen. Personen, die auf bezahlbaren Wohnraum am Stadtrand angewiesen sind, haben meist einen (unbezahlten) weiten Weg zur Arbeit und müssen mehr Geld für Mobilität ausgeben. Der Anteil der Menschen, die wohnungslos sind, obwohl sie einen Job haben, hat sich innerhalb von zehn Jahren verdoppelt.
- Menschen mit geringerem Einkommen wohnen häufig an vielbefahrenen Straßen und müssen mit Lärm und Abgasen leben – damit leiden sie unter den negativen Folgen des Autoverkehrs, häufig ohne sich selbst ein Auto leisten zu können.
- Orte für Gemeinschaft, Sport und Grünflächen sind immer öfter nur teuren Wohngegenden vorbehalten. Durch eine schlechte ÖPNV-Anbindung wird für viele Menschen zusätzlich der Zugang zu gesellschaftlicher und kultureller Teilhabe erschwert.
- Kostenlose und saubere öffentliche Toiletten werden immer seltener. Das hat weitreichende Folgen für Menschen mit Menstruation, wohnungslose Menschen oder Menschen, die ein Kind wickeln müssen.
- Öffentliche Räume und ÖPNV werden häufig zu Orten der Angst für Menschen, die von Homophobie, Sexismus, Rassismus, Transphobie und/oder Ableismus betroffen sind. Durch die Dominanz privilegierter Menschen wird der Zugang erschwert.
- Der Alltag von Menschen mit Rollstuhl oder Kinderwagen wird durch zahlreiche Hindernisse erschwert: Bürgersteige sind zu schmal und meist in schlechtem Zustand, Bordsteinkanten zu hoch, Kreuzungen und Zugänge zugeparkt. Außerdem fehlen oft Blindenleitsysteme.
Die unterschiedlichen Lebensrealitäten der Stadtbewohner*innen werden immer wieder von Politiker*innen ignoriert. Das zeigt sich auch im sogenannten Klimagesetz der Bundesregierung, das nicht auf eine Veränderung hin zu weniger Autos setzt, sondern vor allem E-Autos fördert. Dies ändert bestehende Gerechtigkeits- und Platzprobleme aber nicht.
Wir wollen, dass sich das ändert
Und damit sind wir nicht allein. Immer mehr junge Menschen in der Stadt setzen auf den ÖPNV und aufs Fahrrad, engagieren sich in Urban-Gardening-Projekten und treten für eine sozial gerechte Mobilitätswende ein. Gemeinsam können wir die Politik zum Handeln bewegen und längst nötige Veränderungen selbst in die Hand nehmen.
Mach bei uns mit!
„STADTräume – Reclaim the Streets!“ war ein Projekt der BUNDjugend. Von August 2020 bis Mai 2022 haben wir gemeinsam Visionen für eine sozial gerechte Mobilitätswende entwickelt, unsere Ideen in die Öffentlichkeit getragen und Veränderungen angestoßen. Zum Beispiel durch Fotoaktionen, Forderungen an die Politik und Bildungsarbeit vor Ort und auf Social Media.
Förderhinweis
Dieses Projekt wurde gefördert durch das Umweltbundesamt und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Die Mittelbereitstellung erfolgt auf Beschluss des Deutschen Bundestages.