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Der Atommüll stellt den Staat und die Gesellschaft vor eine immense Herausforderung, denn er bleibt für mindestens eine Million Jahre radioaktiv. Deutschland hat sich entschieden, ein Endlager unter der Erde für die „Ewigkeit“ zu bauen, um die Umwelt und uns Menschen „möglichst sicher“ vor der radioaktiven Strahlung des Atommülls zu schützen.
Die Bundesregierung geht derzeit davon aus, dass der Atommüll tief unter dem Boden gelagert werden sollte. Die Lagerung der radioaktiven Abfälle unter der Erdoberfläche ist jedoch umstritten. Noch gibt es zu viele offene Fragen. Grundwasser könnte in das Lager gelangen oder die Behälter könnten rosten. Das Endlager soll eine Million Jahre standhalten können. Sichere Aussagen darüber zu treffen, wie sich der Zustand des Lagers und der Behälter über diesen langen Zeitraum entwickelt, ist nahezu unmöglich.
Bereits heute gibt es bei vielen tiefengeologischen Lagern, wie z.B. ASSE II oder Morsleben, Probleme. Deshalb hat die Bundesregierung beschlossen, dass es möglich sein muss, die radioaktiven Abfälle mindestens 500 Jahre lang aus dem Endlager wieder herauszuholen.
Auch in Bezug auf den möglichen Endlagerstandort selbst sind viele Fragen ungeklärt:. Wie sollen die dort lebenden Menschen mit dem Endlager vor der „Haustür“ umgehen? Welche Nachteile hat die Region um den Endlagerstandort hinsichtlich seiner Attraktivität und Entwicklung? Wie wollen die Betreiber des Endlagers Vertrauen zur Bevölkerung vor Ort entstehen lassen?
Da sich die Suche und der Bau des Endlagers verzögern werden, müssen die radioaktiven Abfälle entsprechend länger zwischengelagert werden. Die aktuellen Zwischenlager sind allerdings nicht für einen so langen Zeitraum ausgelegt. Expert*innen erwarten erst zwischen 2075 und 2130 die letzten Einlagerungen der Behälter in ein Endlager für hochradioaktiven Müll und den Verschluss des Lagers zwischen 2095 und 2170.
Auch der schwach- und mittelradioaktive Atommüll muss sicher gelagert werden. Hier gibt es bereits Projekte wie Asse II oder Schacht Konrad:
Das ehemalige Salzbergwerk ASSE II bei Wolfenbüttel wurde 1967 von der staatlich finanzierten Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) zu einem „Versuchsendlager“ für schwach- und mittelradioaktiven Müll umgebaut. Da das Versuchsendlager damals nicht unter das Atomgesetz fiel, galten keine strenge Regeln für die Lagerung des Atommülls. Die AKW-Betreiber nutzten die ASSE II so als günstige Entsorgungsmöglichkeit. Von 1967 bis 1978 wurden dort 126.000 Behälter ohne ausreichende Dokumentation eingelagert. Als ehemaliges Salzbergwerk waren die Hohlräume instabil, was dafür sorgte, dass Grundwasser in das Versuchsendlager gelangen konnte. Es hat 30 Jahre gedauert, bis diese Information an die Öffentlichkeit kam und etwas unternommen wurde.
Nachdem immer neue Informationen über die katastrophalen Zustände in der ASSE II bekannt wurden und die Menschen in der Region um Wolfenbüttel protestierten, wurde die GSF als Betreiber entlassen. Inzwischen ist die neu gegründete Bundesgesellschaft für Endlagerung GmbH (BGE) Betreiberin der ASSE II. Im Atomgesetz wurde geregelt, dass der Atommüll aus dem ehemaligen Salzbergwerk wieder herausgeholt werden muss. Die ganze Rückholaktion wird die Steuerzahler*innen mindestens 6 Milliarden Euro kosten.
Morsleben ist ein ehemaliges Salzbergwerk bei Helmstedt. Das Bergwerk liegt auf dem Gebiet der ehemaligen DDR und wurde 1971 als Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll in Betrieb genommen, obwohl Einsturzgefahr drohte. Nach der Wiedervereinigung wurde das Lager von der Bundesregierung übernommen und trotz Warnungen von Wissenschaftler*innen weiter betrieben. Anwohner*innen gingen vor Gericht und konnten erreichen, dass der Betrieb von 1991-1994 ausgesetzt wurde. Die damalige Umweltministerin und heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel genehmigte 1997 die weitere Entsorgung des Atommülls in Morsleben bis 2005, trotz der großen Sicherheitsbedenken und der Einsturzgefahr. 1998 klagten der BUND, Greenpeace und die Bürger*innen-Initiative Morsleben gegen die weitere Entsorgung in Morsleben. Das Oberverwaltungsgericht in Magdeburg gab ihnen recht.
Nach dem erneuten Einlagerungsstopp wurde der Betrieb aufgegeben. Heute liegt mehr Atommüll aus der Bundesrepublik in Morsleben als Müll aus DDR-Zeiten. Im Jahr 2001 stürzte ein Teil der Decke ein, woraufhin das Bundesamt für Strahlenschutz die Decke mit Salzbeton absicherte, um den Austritt von Radioaktivität durch einen weiteren Einsturz der Decke möglichst noch zu verhindern. Nun soll Morsleben verschlossen werden. Der Atommüll soll darin verbleiben. Doch dem Betreiber (inzwischen die Bundesgesellschaft für Endlagerung) gelingt es nicht, nachzuweisen, dass die radioaktiven Abfälle für lange Zeit sicher in Morsleben lagern können und keine Radioaktivität austreten kann. Mit der Schließung kommen ebenfalls weitere Kosten in Milliardenhöhe auf die Steuerzahler*innen zu.
Schacht Konrad ist ein ehemaliges Eisenerzbergwerk auf dem Gelände der Stahlwerke in Salzgitter und sollte bereits 1986 als Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll genutzt werden. Erhebliche Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit der Gutachten (eine schriftliche Bewertung des Standorts von Expert*innen) und starke Proteste vieler Menschen in der Region um Salzgitter, unterstützt aus ganz Deutschland, konnten die Genehmigung des Endlagers lange Zeit verhindern. Trotz der Proteste genehmigte das Land Niedersachsen 2002 Schacht Konrad. Zudem wurden Klagen von Gemeinden gegen Schacht Konrad über das Bundesverwaltungsgericht 2007 endgültig abgewiesen.
Seit 2007 wird Schacht Konrad zum Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll umgebaut. Da es sich um ein veraltetes Projekt handelt, das jetzt mühsam an heutige Anforderungen angepasst werden soll, verzögert sich die Inbetriebnahme ständig. Derzeit ist von 2027 die Rede (Stand 2018). Expert*innen kritisieren, dass die Anlage alt ist, nur mit Hilfskonstruktionen funktioniert und nicht mehr dasselbe Sicherheitsniveau erreichen kann wie ein neues, extra zu diesem Zweck errichtetes Atommülllager. Zudem ist bisher die Frage ungeklärt, was mit den zusätzlichen schwach- und mittelradioaktiven Abfällen passieren soll, für die Schacht Konrad keinen Platz bietet.
Für den Rückbau der Kernkraftwerke und das Verpacken des Atommülls sind die AKW-Betreiber selbst verantwortlich. Für die Entsorgung des Atommülls haben alle AKW-Betreiberin einen Geldtopf eingezahlt – insgesamt 24 Milliarden Euro. Das klingt zunächst nach sehr viel Geld. Aber mit den 24 Milliarden müssen die Zwischenlager, die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle sowie der Bau und die Endlagerung des schwach- und mittelradioaktiven Abfalls finanziert werden. Da diese Summe nicht ausreichen wird, muss die Gesellschaft letztendlich dafür aufkommen. Die Kosten dafür sind nicht absehbar. Allein der Rückbau einer Atomanlage kostet schon bis zu einer Milliarde Euro. Finanzielle Prognosen müssen immer wieder nach oben korrigiert werden.