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Das Durchschnittsalter derer, die in Deutschland noch Neuwagen kaufen, steigt unaufhörlich. Für junge Menschen verliert das – eigene – Auto schleichend an Attraktivität, immer häufiger verzichten sie gar auf den Führerschein. Ein Erfahrungsbericht von Carolin Lotter aus dem Bundesvorstand.
Ich bin in einem hessischen Dorf aufgewachsen, weit entfernt von jeder größeren Stadt. Das einzige öffentliche Verkehrsmittel war der Schulbus. Und die meisten Wege waren zu lang, um sie mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurückzulegen. Ein Alltag ohne Auto war dort also schlecht möglich.
Aus Mangel an Alternativen hatte das Auto einen hohen Stellenwert. Etliche von uns machten gleich mit 17 oder 18 den Führerschein, um endlich mobil zu sein. Ein eigenes Auto kauften dennoch die wenigsten. Viele wollten ihr Geld lieber für andere Sachen sparen. Sie nutzten das Auto der Eltern oder das von Bekannten, soweit es möglich war. Der Zugriff auf ein Auto blieb aber wichtig. Selbstständigkeit und Unabhängigkeit sind auf dem Land daran gebunden.
Mittlerweile lebe ich in Stadtnähe. Ein Auto nutzt in meinem Umfeld fast niemand mehr. Denn die Alternativen sind vielfältig: Busse und Bahnen fahren regelmäßig, mit dem Fahrrad komme ich sowieso fast überall hin. Ob auf dem Rad oder mit den Öffentlichen – meist finde ich es deutlich angenehmer, mich nicht im Auto durch die Stadt bewegen zu müssen. Volle Fahrradständer bestimmen hier den Alltag junger Menschen mehr als die Suche nach einem Parkplatz.
Frage ich meine Eltern, wie sie in ihrer Jugend mobil wurden, erzählen sie stolz vom ersten Mofa (natürlich getunt!) und dem ersten Auto, an das sie sich noch mit jedem Detail erinnern. Mit leuchtenden Augen denken sie zurück an den tollen Moment, als sie es endlich hatten. So früh wie möglich musste damals der Führerschein her und dann am besten gleich ein Auto. Selbst wenn dieses erste eigene Auto aus dritter Hand war und schon ordentlich klapperte – der Generation meiner Eltern (und wohl auch der meiner Großeltern) galt es noch als echtes Statussymbol
Diesen Wert hat das Auto in meiner Generation – zumindest in meinem Umfeld – inzwischen gründlich verloren. Wenn es bei uns um Autos geht, ist die Sichtweise viel pragmatischer geworden. Der Nutzen steht im Vordergrund. Und an ein eigenes Auto wird erst gedacht, wenn es wirklich unverzichtbar erscheint.
Doch werde ich denn je ein eigenes Auto brauchen? Wer auf ein Auto angewiesen ist, hat ja zum Glück die Wahl: Alternativen wie Carsharing oder Mitfahrgelegenheiten nutzen heute viele von uns. Und wie so viele meiner Freunde habe auch ich bisher noch keinen Führerschein. Ich werde damit sicherlich so lange warten, wie ich auch ohne Auto gut mobil sein kann.
Wenn ich die mit Autos überfüllten Innenstädte betrachte, und den ganzen Stress und die schlechte Luft deswegen – da hoffe ich doch, mindestens noch viele Jahre aufs Auto verzichten zu können.
Hier findet ihr die Ausgabe des BUNDmagazins mit Caros Artikel.