BUNDjugend  

Das Problem mit dem Müll

Was genau ist Atommüll?

Rund um ein Atomkraftwerk entstehen eine Menge Abfallprodukte. Abfall ist nie gut für die Umwelt. Bei dem Atommüll kommt hinzu, dass viele dieser Abfallprodukte radioaktiv strahlen, d.h. nicht einfach weggeschmissen werden dürfen. Denn ihre Radioaktivität stellt für Mensch und Umwelt eine Gefahr dar.

Ist ein Stoff radioaktiv, bleibt er das auch erstmal, für eine sehr lange Zeit. Da kommt die sogenannte Halbwertszeit ins Spiel. Die Halbwertszeit beschreibt die Zeit, die es braucht, bis die Hälfte der Atome eines radioaktiven Stoffes zerfallen, der Stoff also nur noch halb so radioaktiv ist. Einige Beispiele: Jod hat eine Halbwertszeit von acht Tagen, Cäsium-137 hat eine Halbwertszeit von 30 Jahren. Bei dem radioaktiven Plutonium-239 dauert es ganze 24.100 Jahre bis die Hälfte der radioaktiven Atome zerfallen sind. Neptunium-237 entsteht als Nebenprodukt in Kernreaktoren und hat erst nach 2,1 Millionen Jahren die Hälfte seiner Radioaktivität verloren (!).

Die Radioaktivität und wie lange sie gefährlich ist, macht den Atommüll also erst zu einem so problematischen Thema.

Wo entsteht der Müll?

Die ersten Abfallprodukte entstehen bei dem Abbau und der Weiterverarbeitung von Uran. Die fünf größten Uranproduzenten sind Kasachstan (23.800 Tonnen pro Jahr), Kanada (13.325 t), Australien (5.672 t), Niger (4.116 t) und Russland (3.550 t). In der Europäischen Union wird Uran in Tschechien (155 t) und Rumänien (77 t) gefördert (Stand 2015).
Nach dem Abbau wird Uran weiter zu Uranoxid (Yellow Cake) aufbereitet. Dabei entstehen Halden und Restschlämme, die radioaktiv sind und meistens ungeschützt an den jeweiligen Standorten gelassen werden.

In Deutschland fallen Abfälle aus der Uranproduktion der ehemaligen SDAG Wismut (Sowjetische Aktiengesellschaft) in Sachsen und Thüringen an: über 300 Mio. m³ Bergmaterial ist auf ca. 48 Halden abgelagert, 160 Mio. m³ radioaktive Restschlämme von der Weiterverarbeitung gibt es dort noch.

Während des Betriebes in einem AKW fällt auch Müll an, der im Normalfall schwach radioaktiv ist. Das kann zum Beispiel Arbeitskleidung sein, die mit Strahlung in Berührung gekommen ist. Stärker strahlender Müll kann anfallen, wenn größere Teile aus dem AKW oder dem Reaktor ausgewechselt werden müssen. Diese Bauteile sind oftmals kontaminiert worden (Kontamination = wenn Flüssigkeiten oder festes Material von radioaktiven Stoffen verunreinigt werden), weshalb sie nicht in den normalen Müll dürfen.
Auch in der Medizin, der Industrie, im Unterricht und bei der Bundeswehr werden radioaktive Stoffe eingesetzt, wodurch in der Folge auch radioaktiver Müll entsteht.

Was passiert mit dem Müll?

Die Kommission der Europäischen Union hat 1999 eine Empfehlung herausgegeben, in der Atommüll in zwei Kategorien eingeteilt wird:

Entweder kann der Müll nach einer gründlichen Reinigung im Sondermüll entsorgt werden oder die Stoffe sind so radioaktiv verstrahlt, dass sie unter sogenannter „atomrechtlicher Aufsicht“ stehen. Das heißt, solche Stoffe brauchen eine besondere Entsorgung. Warum? Radioaktivität ist nicht nur für Mensch, Tier und Umwelt gefährlich, radioaktive Stoffe erzeugen auch viel Wärme (durch den radioaktiven Zerfall). Material, das sich selber sehr stark erhitzen kann, sollte nicht in den einfachen Müll gelangen. In Deutschland wird der Atommüll je nachdem, wie viel Wärme er abgibt, in verschiedene Kategorien eingeteilt.

Radioaktive Abfälle, wie z.B. aus der Medizin, werden zuerst in Zwischenlager gebracht und sollen dort gereinigt und abkühlt werden. Ist das geschehen und die Freigabegrenze ist erreicht, können diese Abfälle entsorgt werden und unterliegen nicht mehr der atomrechtlichen Aufsicht. Der Freigabewert der EU liegt bei 10 Mikrosievert pro Jahr. Alles, was nach einer solchen Zwischenlagerung nicht freigegeben werden kann, lagert dort weiter und soll eines Tages in ein Endlager transportiert werden. Manche hochaktiven Stoffe werden davor noch in eine Wiederaufbereitungsanlage gebracht. In Europa gibt es zwei solcher Anlagen: Sellafield in Großbritannien und La Hague in Frankreich.

Wiederaufbereitung (Konditionierung)

Bei der Wiederaufbereitung werden die Brennelemente zerlegt, zerschnitten und in Säure gelöst. Aus der Lösung werden Uran und Plutonium getrennt und zur Weiterverwendung zwischengelagert. Die Lösung ist hochradioaktiv (HAW = high active waste). Sie enthält radioaktive Spaltprodukte und Reste von dem Uran und Plutonium. In einem Schmelzofen wird die Lösung zu einer Glasschmelze vermischt, in Stahlbehälter abgegossen und abgekühlt. Nach diesem Prozess werden sie erst einmal zwischengelagert.

Bis zu zehn Prozent des Materials lässt sich erneut zu Brennstoff verarbeiten. Der Müll, der nicht wiederverwendet werden kann, wird in Zwischenlager gebracht, wo er lagern soll bis er a) weiter abgekühlt ist b) es ein sicheres Endlager für Atommüll gibt.

Ein solches Endlager gibt es bisher nicht. Zwar wurden bisher in Deutschland zwei Versuche unternommen, doch die geplanten Endlager erwiesen sich als Pleite, da es immer wieder zu den verschiedensten Schwierigkeiten kam: Beispielsweise gab es undichte Stellen, sodass Wasser in die Lager eindringen konnte.

Was tun mit den AKWs, die stillgelegt werden?

Wenn ein AKW rückgebaut werden soll, ist das ein langwieriger, komplizierter Prozess. Mit „einfach Abreißen“ ist da nichts. Die vielen Bestandteile eines AKWs, die radioaktiv verseucht sind, müssen vorsichtig behandelt werden. Der Rückbau einer Atomkraftanlage ist sehr teuer. Der Rückbau von dem AKW Stade beispielsweise sollte anfangs 500 Millionen Euro kosten, tatsächlich wurden daraus eine Milliarde Euro.

Schritte des Rückbaus

1. Erstmal heißt es warten: Die Brennelemente müssen abkühlen. Die Brennstäbe, die 99 Prozent der hochradioaktiven Strahlung ausmachen, werden für 4-5 Jahre unter Wasser abgekühlt und dann in Kastorbehälter verschlossen.

2. Radioaktive Teile (unter ihnen der Dampferzeuger, Kühlsysteme) werden in luftdichten Kammern gereinigt.

3. Zerlegung des Reaktordruckgefäßes, welches gefährlich lang radioaktiv strahlt. Dies geschieht mit ferngesteuerten Greifern und Spezialwerkzeug.

4. Der Reaktor wird leergeräumt, gereinigt und auf Radioaktivität geprüft.

5. Die Gebäude werden auf üblichem Weg abgerissen.

Metallteile und Bauschutt, die leicht strahlen, werden auf Sonderdeponien gebracht. Stark strahlende Bauteile werden in eine Wiederaufbereitungsanlage gebracht, wo aus ihnen noch wiederverwendbares Uran und Plutonium gewonnen werden.

Was ist ein geeignetes Endlager?

Auf welche Ideen sind Forscher*innen in der Vergangenheit gekommen und welche von ihnen wurden praktiziert?

Weg damit! 1954 hatte ein deutscher Physiker tatsächlich die Idee, den hochradioaktiven Müll auf den Südpol zu werfen und ihn da zu lagern. Heute ist klar, schon allein wegen der Wärme, die der Atommüll produziert, war das eine ganz schlechte Idee.

Eine andere Überlegung: Ab ins All! Ganz nach dem Motto, aus den Augen, aus dem Sinn. Dass diese Idee einfach nicht umsetzbar ist, liegt a) daran, dass ein solches Vorhaben extrem teuer wäre, für all den Atommüll, den die Menschheit bis jetzt produziert hat und b) eine solche Aktion mit der extremen Gefahr einhergeht, dass die Rakete kurz nach dem Start noch innerhalb der Erdatmosphäre explodieren könnte. Die Folgen wären eine Katastrophe für den ganzen Planeten.

Eine weitere Idee, die tatsächlich Realität wurde: Rein ins Meer! Was sich nach einer leicht verrückten Idee anhört, ist tatsächlich über Jahrzehnte hinweg gemacht worden, bis diese Vorgehensweise zumindest für Feststoffe 1994 von der International Maritime Organization verboten wurde. Laut Nuclear Energy Agency (NEA) und der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) wurden 114.726 Tonnen Atommüll in 222.732 Fässern im Meer versenkt. Die USA haben zugegeben, von 1946 bis 1970 über 90.000 Container mit radioaktivem Abfall vor ihren Küsten versenkt zu haben. Deutschland, England, Frankreich, Belgien und die Niederlande haben 1967 insgesamt 10.895 Tonnen schwach- und mittelradioaktiven Abfall vor der Küste Portugals.
Die Folgen sind bereits nachzuweisen. In Fischen und im Wasser aus den Versenkungsgebieten wurde Plutonium gefunden. Auch andere Stoffe wie Plutonium-240, Americium-241 und Kohlenstoff waren im Wasser erhöht zu finden, was auf undichte Fässer hinweist.

Wohin denn nun?

Auch wenn nicht alle Expert*innen diese Meinung teilen, ist ein Großteil der Meinung, ein Endlager unter der Erde sei die bestmögliche Option. Dort sei die Strahlung gut abgeschottet und würde nicht an die Oberfläche gelangen. Es gibt verschiedene Arten von Erde, die alle ihre Vor- und Nachteile haben. Salz, Ton und Granit gehören zu den Favoriten.

Drei Staaten haben sich bisher für einen Endlager-Standort entschieden: Finnland, Schweden und Frankreich. Finnland und Schweden bauen ihre Endlager in Granit, die härteste Gesteinsart der Erde. Frankreich bevorzugt Ton.

Granit entsteht, wenn vulkanische Magma kalt und fest wird. Es ist ein sehr hartes Gestein, was nicht wasserlöslich ist. Dagegen spricht, dass es sehr viele Risse und Spalten hat, was keine gute Voraussetzung für ein Endlager ist.
Ton kann sich verformen und so den Müll gut einschließen. Allerdings leitet er Wärme nicht gut ab, was für die wärmeentwickelnden Behälter zum Abkühlen wichtig wäre.
Bei Salz kann sich Wasser einen Weg durch den Salzstock bahnen und so könnten radioaktive Stoffe ins Grundwasser gelangen. Die Vorteile bei Salz sind, dass es durch seine sogenannte „Kriechfähigkeit“ (es bewegt sich ganz langsam) den Müll umschließen kann. Außerdem besitzt Salz eine gute Wärmeleitfähigkeit, das heißt, dass der Atommüll seine Wärme abgeben kann und so gekühlt wird.

Deutschlands Favorit ist bisher Salz. Auf den Seiten Zwischenlager und Endlager kannst du mehr über die Lagerung und die bereits gestarteten Versuche erfahren.